Redebeiträge der Gedenkveranstaltung am 7. Oktober 2025

Redebeitrag zu den Geiseln von Karin Clemens (Mitglied der DIG Aachen)

Am frühen Morgen des 07. Oktobers, einem Samstag, einem Tag an dem das Leben in Israel ruht, rollte eine tödliche Welle der Gewalt über das Land in einem barbarischen Albtraum, den niemand jemals für möglich gehalten hätte. Die Terrorkommandos der islamistischen Hamas verübten grausame Gewaltakte; die Menschen wurden aus ihren Häusern gezerrt, aus ihren Schlafzimmern - sie wurden gefoltert, vergewaltigt, verschleppt und viele von ihnen ermordet.


Bei den Anschlägen kamen mehr als 1.200 Menschen ums Leben, darunter 800 Zivilisten. Über 4.800 Menschen wurden verletzt und mehr als 250 als Geiseln genommen. 48 von ihnen sind noch in der Gewalt der Terroristen, bei 20 von ihnen hoffen wir inständig, dass sie noch am Leben sind.


Diese nüchternen Zahlen und Fakten können nicht das Leid wiedergeben, das dahinter steht. Der 07. Oktober ist eine entsetzliche Zäsur in ein Leben davor und danach, verbunden für uns alle mit einem ekelerregenden aufflammenden Antisemitismus weltweit. Die Uhren laufen seither anders und es ist eine sehr, sehr schmerzhafte Zeit.



Um dem zu begegnen halten wir seit Mai 2024 eine wöchentliche Mahnwache, mittlerweile donnerstags um 17 Uhr, auf dem Münsterplatz hier in Aachen ab.


Dabei versuchen wir die Stimme dieser Geiseln zu sein, wir versuchen ihre Würde zu wahren und ihnen ein Gesicht zu geben; sie sind viel, viel mehr als nur Opfer der Hamas, Zahlen in einer Statistik oder Schachfiguren bei Verhandlungen - sie sind Väter, Brüder, Tochter, Familie, Ehepartner, Liebende, Freunde – kurz, sie sind Menschen. Menschen mit einer eigenen Geschichte, Menschen, denen am 07.10. ein grauenhaftes Unrecht angetan wurde. Zwei Jahre in Geiselhaft, zwei Jahre Hunger, Durst, Folter, Dunkelheit, schimmelige, stinkende Tunnel, unaufhörlicher Schmerz, Todesangst und dazu kommt die Verzweiflung der Angehörigen, die in einer Achterbahn der Gefühle aus Angst, Zorn, Wut, Liebe und Hoffnung sind.


Ich kann im Rahmen dieser Veranstaltung nicht all diesen Menschen gänzlich gerecht werden und so ausführlich über sie sprechen wie ich das gerne tun möchte, aber ich kann auch hier ihre Stimme sein. Ich stelle mir dabei die Frage wie die Welt aussehen würde, wenn die Menschen überall anstatt Hass gegen Juden zu verbreiten und Israel zu dämonisieren für die Freilassung der Geiseln und für Frieden demonstrieren würden?

 

Es ist mir schier unerträglich, dass diese Menschen immer noch nicht wieder daheim sind und dieses Unrecht immer noch besteht. Unsere Solidarität ist unverbrüchlich mit ihnen und ihren Angehörigen und ich sage jetzt und hier ihre Namen, fordere ihre Freilassung und das können und sollten wir alle tun – unablässig, so lange bis sie endlich wieder zu Hause sind; die Lebenden zur Heilung, die Toten um Ruhe in ihrer Heimat zu finden und den Angehörigen die Möglichkeit zu geben sie würdig zu bestatten und damit den Kreis zu schließen.

Ich zitiere Yael Adar, die Mutter der ermordeten deutsch-israelischen Geisel Tamir Adar: "Wir alle – alle Familien der Verschleppten sagen das – wir fühlen uns, als wäre es immer noch der 7. Oktober 2023, ein langer Tag." [1]


Ich hoffe so sehr, dass dieser unendlich lange Tag endlich ein Ende finden wird.

Zu den Namen der Menschen, die ich jetzt vorlese, nenne ich ihr Alter.

Ohne ihre Rückkehr kann es keine Genesung, keine Heilung, für Israel geben.


 [1] https://www.zeit.de/zeit-magazin/2025/41/geiseln-gazastreifen-deutsche-nahostkonflikt-angehoerige

    Name u. aktuelles Alter der Geiseln

  1. Ariel Cunio (28) 
  2. David Cunio (35)
  3. Alon Ohel (24) 
  4. Eitan Horn (39) 
  5. Avinatan Or (32) 
  6. Elkana Bohbot (36) 
  7. Evyatar David (24) 
  8. Ziv Berman (28)
  9. Gali Berman (28) 
  10. Eitan Mor (25)
  11. Maxim Herkin (37) 
  12. Omri Miran (48) 
  13. Bar Abraham Kupershtein (23) 
  14. Guy Gilboa-Dalal (24) 
  15. Nimrod Cohen (21) 
  16. Matan Zangauker (25)
  17. Matan Angrest (22) 
  18. Segev Kalfon (27) 
  19. Rom Braslavski (21)
  20. Yosef-Haim Ohana (25) 
  21. Bipin Joshi (24)
  22. Tamir Nimrodi (20) 
  23. Itay Chen (19) 
  24. Eliyahu Margalit (75)
  25. Eitan Levi (53) 
  26. Sahar Baruch (24) 
  27. Joshua Luito Mollel (21)
  28. Tal Haimi (41) 
  29. Arie Zalmanowicz (85) 
  30. Ran Gvili (24) 
  31. Dror Or (48) 
  32. Tamir Adar (38) 
  33. Ronen Engel (54) 
  34. Inbar Hayman (27) 
  35. Guy Iluz (26) 
  36. Asaf Hamami (41) 
  37. Lior Rudaeff (61) 
  38. Muhammad Al-Atarash (39) 
  39. Meny Godard (73) 
  40. Omer Neutra (21) au
  41. Yossi Sharabi (53) 
  42. Daniel Oz (19) 
  43. Daniel Perez (22)
  44. Uriel Baruch (35) 
  45. Sontia Ok’Krasari (30) 
  46. Sontisek Rintalk (43) 
  47. Amiram Cooper (85) 
  48. Hadar Goldin (23)
3. Oktober 2025
Rede der Vorsitzenden
26. September 2025
Es macht mich einigermaßen fassungslos, was sich derzeit auf der weltpolitischen Bühne abspielt. Da wird von inzwischen zwei Dritteln der UN-Mitgliedsstaaten einen Staat Palästina anerkannt, den es eigentlich gar nicht gibt. Und der Druck auf Deutschland wächst, dies ebenfalls zu tun. Man erkennt also einen Staat an, den es de facto nicht gibt, weil die Palästinenser nicht bereit waren, einen Staat an der Seite Israels, sondern nur an der Stelle Israels zu akzeptieren. Man war nicht bereit, Israel anzuerkennen, Frieden mit Israel zu schließen, ja nicht einmal zu verhandeln. Das was sich heute Staat Palästina nennt ist ein islamistisches, faschistisches und terroristisches Konstrukt, was eine Absage an alle demokratischen, freiheitlichen, liberalen Werte bedeutet. Zur Erinnerung Ein Staat wird definiert durch ein Staatsgebiet, durch ein Staatsvolk und durch staatliche Strukturen. Gäbe es ein definiertes Staatsgebiet, müsste dies über Grenzen verfügen, Grenzen u.a. zu Israel, was die Existenz Israels implizieren würde, was aber von palästinensischer Seite immer abgelehnt wurde und abgelehnt wird. Von einem palästinensischen Volk zu sprechen ist ebenfalls umstritten, weil es zwar ein Gebiet Palästina gab und die dort lebenden Palästinenser, Juden, Christen und Muslime waren. Golda Meir beispielsweise nannte sich Palästinenserin. Arafat hat im Rahmen seines Kampfes für einen palästinensischen Staat das palästinensische Volk sozusagen erfunden, um ihm eine Identität zu geben. Staatliche Strukturen gibt es nicht, es sei denn, man erkennt das islamistisch, terroristisch, faschistische Hamas-Regime als Regierung an oder die korrupte PA, die sich zwar derzeit geläutert gibt, aber bis vor kurzem noch sogenannte Märtyrerrenten gezahlt hat, sich nie vom Massaker des 7. Oktobers distanziert hat und auch in der eigenen Bevölkerung kaum Anerkennung hat. Kurz: Die Anerkennung hat nur symbolische Bedeutung und kann nur als Belohnung des Terrors vom 7. Oktober gewertet werden und als Strafmaßnahme gegen Israel. Wenn es wirklich um einen Weg zur Lösung des Nahostkonflikts geht, müssen die ehemaligen Besatzungsmächte Ägypten, Jordanien und andere gemäßigte arabische Staaten mit ins Boot geholt werden, um gemeinsam mit Israel eine Perspektive für Gaza und auch für die Westbank zu entwickeln. Dabei müssen Antworten gegeben werden auf israelische Sicherheitsbedürfnisse und auf palästinensische Entwicklungschancen. Das ist mühsamer als Symbolpolitik, die auf innenpolitische Erfolge abzielt. Aber nur so kann ein neues Kapitel in dem Konflikt beginnen. Und die Reaktionen Die Hamas jubelt und feiert die Anerkennung eines palästinensischen Staates als „Früchte des 7. Oktobers“ Die Hamas sieht sich, trotz anderer Bekundungen der „Anerkennenden“, als Gewinner und als zukünftige Regierung dieses Staates, ohne Israel anzuerkennen, ohne die Geiseln frei zu lassen, ohne die Waffen niederzulegen. Die PA fordert von England 2 Billionen Reparationszahlungen für ihre Mandatszeit zwischen 1917 bis 1947. Die PA, die noch vor kurzem Märtyrerrenten gezahlt hat und sich nie vom Massaker des 7. Oktobers distanziert hat, wird gehandelt als zukünftige Regierung dieses Palästinenserstaates. Und ansonsten – der antisemitische Wahnsinn treibt immer weitere Blüten. Da wird an einem Geschäft in Flensburg ein Schild angebracht mit der Aufschrift „Juden haben hier Hausverbot“ Michel Friedmann, der in einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern anlässlich des 120. Geburtstags von Hannah Arend über Demokratie sprechen wollte, wird ausgeladen. Begründet wird dies mit Sicherheitsbedenken. Und die sogenannten Pro-Palästina-Demos sind für Jüdinnen und Juden reinste Horrorveranstaltungen, auf denen sie dem grenzenlosen Hass völlig schutzlos ausgeliefert sind. Eine weltweite Solidaritätskampagne für Gaza, die nahezu alle Länder erfasst hat und auch innenpolitisch die bürgerliche Mitte, ist in Wirklichkeit eine Diffamierungskampagne gegen Israel. Sie bedroht nicht nur Israel und Israelis, sondern auch Jüdinnen und Juden weltweit, die für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich gemacht werden. Wären die Demos wirklich propalästinensisch und würden sich folglich gegen die Hamas wenden, wären wir als erste an ihrer Seite! Aber wo bleibt die Kritik an der Hamas? An der völkerrechtswidrigen Geiselnahme der eigenen Bevölkerung? An den immer wieder veröffentlichten Videos der Geiseln und der eigenen Dokumentation des unmenschlichen Umgangs mit ihnen An der Umfunktionierung öffentlicher Gebäude für militärische Zwecke Wo der Protest gegen öffentliche Hinrichtungen Wo der Protest gegen die immer noch stattfindenden Raketenabschüsse auf Israel Wo die weiterhin unverhohlene Drohung, Israel auszulöschen Wo die Forderung, endlich die Geiseln frei zu lassen und die Waffen niederzulegen, wie es die Wehrmacht im 2. Weltkrieg gemacht hat und damit den Krieg zu beenden? Dies soll keine Legitimation für die israelische Kriegsführung sein, die auch wir, gemeinsam mit der Mehrheit der israelischen Bevölkerung und der dortigen Demokratiebewegung kritisieren. Doch im Gegensatz zum Mainstream kontextualisieren wir unsere Kritik und stellen fest, dass und ich ztiere Daniel Neumann, den Vorsitzenden des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Hessen: „ Die Barbarei, die Grausamkeit und die Euphorie des 07. Oktober offenbarten dabei einen Blick in die tiefsten menschlichen Abgründe. Verdichteten sich zu dem, was man am ehesten als »das Böse« bezeichnet. Und erzeugten für Israel und in geminderter Form auch für Juden in aller Welt in den Worten des israelischen Philosophen Micah Goodman »eine Nahtoderfahrung«. Denn an diesem Tag wurden die schlimmsten Ängste wahr. Wurden Alpträume Wirklichkeit. Schien das Ende Israels für einen Moment greifbar. Und die Juden Israels blickten ihrer eigenen Vernichtung ins Auge. Dem eigenen Tod. Und der kollektiven Auslöschung.“
von Markus Gehring 12. September 2025
Die DIG Aachen lädt ein zum Gedenken an den 7. Oktober
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